Ein Altar jenseits der Wälder

„Meister von Mediasch“ wird er in der Fachwelt genannt, der großar..ge Künstler, der den Altar der\r\nMediascher Margarethenkirche geschaffen hat. Seit über hundert Jahren versuchen Kunsthistoriker,\r\nDaten und Informa..onen über den Schöpfer des Altars herauszufinden. Vergeblich. Ein paar\r\nbegründete Thesen gibt es, aber Genaues weiß man nicht. Man nimmt an, der Künstler hatte\r\nsiebenbürgische Wurzeln und sein Handwerk an der Künstlerschule des Wiener Schottenstifts erlernt.\r\nAuch geht man davon aus, dass er als Vorlage für die Altartafeln Kupferstiche von Israhel von\r\nMeckenem genutzt hat. Alles andere bleibt im Dunkel der (Kunst-)Geschichte verborgen.\r\nAber was Wissenschaft nicht vermag, das darf und kann Literatur: den Künstler aus dem Dunkel\r\nhervorholen, ihm in einem Roman Leben einhauchen.\r\nUnd so entwirft der Autor Cornelius Scherg in seinem Roman „Ein Altar jenseits der Wälder“ die\r\nBiographie des „Meisters von Mediasch“, so wie diese sich hätte enthalten können. Scherg gibt ihm\r\nden Namen Zacharias Frank.\r\nBeim Lesen tauchen wir ein in die Zeit lange vor der Reforma..on, in das Ende des 15. Jahrhunderts.\r\nDie Haupthandlung beginnt in der Malschule in Wien und erzählt in chronologischer Folge Leben und\r\nWirken des aus Mediasch stammenden Protagonisten mit seinen Schwierigkeiten und Erfolgen: von\r\nder Auftragserteilung durch den ungarischen Königsrichter von Mediasch bis zur feierlichen\r\nEinweihung und Segnung des vollendeten Altars. Einen nicht geringen Raum nimmt in dem Roman\r\nder Malvorgang der Altartafeln ein. Dabei gelingt es Scherg ausgezeichnet, dem Leser die Altartafeln\r\nsehr anschaulich vor Augen zu führen, indem er statt langatmiger Beschreibungen erzählt, wie die\r\nTafeln entstehen.\r\nDie Haupthandlung wird regelmäßig durch Rückblenden unterbrochen, in denen der Leser Einblick in\r\ndie Kindheit, Jugend und künstlerische Entwicklung von Zacharias erhält. Darüber hinaus entfaltet\r\nCornelius Scherg vor dem geistigen Auge des Lesers ein buntes, abwechslungsreiches Bild der\r\nMediascher Gemeinschaft im ausgehenden 15. Jahrhundert. Intrigen und Konflikte, Freundschaft und\r\nLiebe ergänzen dieses Gesellschaftsbild, sodass aus einem Bildungs- und Künstlerroman ein\r\nspannender, leicht zu lesender Gesellschaftsroman wird, dessen Lektüre die unterschiedlichsten\r\nLeserinteressen befriedigen wird.\r\nHervorzuheben ist der Anhang des Romans, in dem Abbildungen der acht Altartafeln des Mediascher\r\nAltars den ihnen entsprechenden Kupferstichen des Israhel von Meckenem gegenübergestellt\r\nwerden. So erhält der Leser neben einem interessanten Roman auch die bildhafte Ergänzung zum\r\nGelesenen.\r\nKlaus Servatius